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Ich, mein Urknall und andere Vermutungen Teil 2

Der folgende Beitrag ist der zweite Teil von Ich, mein Urknall und andere Vermutungen.

Es ging darin um den aktuellen Versuch der NASA, aussagekräftige Informationen über Erde und Menschheit ins Weltall zu übermitteln und damit eine Reaktion zu provozieren. Bisher waren alle diese Versuche absolute Rohrkrepierer.


Mir selbst ist die Existenz des Weltalls seit Oktober 1957 ein Begriff. Sputnik 1 war da! Eine Sensation! Der erste künstliche Satellit! Von der Sowjetunion in eine Erdumlaufbahn gebracht. Den Amerikanern blieb augenblicklich die Luft weg. Die Russen hatten sie zeitlich in die Tasche gesteckt und technisch ausgetrickst.


Sputnik war eine perfekt polierte, silberfarbene Kugel mit vier Antennen, hatte knapp sechzig Zentimeter Durchmesser und kreiste etwa drei Monate lang am Himmel, bis er beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte.


Der Raumflugkörper war tatsächlich per Fernglas von der Erde aus zu erkennen. Er sendete einundzwanzig Tage lang. Einige Sekunden des Originalsignals können Sie in der Audiofassung dieses Beitrags hören. Den Link finden Sie ganz unten.

Das war aufregend und ist unvergessen! Mein Vater und ich saßen nächtelang frierend mit Thermoskanne und Fäustlingen im Freien, und hofften, Sputnik, der ungefähr anderthalb Stunden für eine Erdumrundung benötigte, ausmachen zu können.

Ich bin nicht ganz sicher, ob das, was sich da deutlich über den samtschwarzen Nachthimmel schob, tatsächlich Sputnik war. Für uns allerdings bestand keinerlei Zweifel. Während wir warteten, durfte ich die Namen der wichtigsten Sternbilder erlernen. Mein schönstes väterliches Erbe, an das ich mich erinnere, sobald ich in den Himmel sehe.

Leider war mein späterer Physiklehrer ein methodischer Volltrottel. „Fräulein Rockenschaub, Ihr Filzschreiber kratzt zu laut auf dem Papier! Stellen Sie das sofort ab!“ Zur Strafe wurde er verbeamtet.


Mit Sputnik nahmen zwei Dinge ihren Lauf: Unsere Faszination für die Raumfahrt und der Wettlauf der politischen Systeme um die Vorherrschaft im All. Ost gegen West. Letztlich ein widerliches militärisches Kräftemessen, idealisiert mit der phantastischen Suche nach außerirdischer Intelligenz.


Im Jahr 1972 wurden die Raumsonden Pioneer 10 und 11 auf die Reise geschickt. Pioneer 10 hat immerhin bis ins Jahr 2003 Daten an uns geliefert. War eigentlich nur für knapp zwei Jahre gedacht, hat aber über 30 Jahre lang tapfer gearbeitet. Eine galaktische Angela Merkel.


Schon damals waren Botschaften der Menschheit für die Außerirdischen mit an Bord. Ihr Kurator: Carl Sagan, ein herausragender Wissenschaftler und fragwürdiger Entscheider.

Er und ein Komitee haben im Auftrag der NASA bestimmt, was uns Menschen in welcher Form bei den Außerirdischen repräsentieren sollte.


Pioneer 10 und 11 hatten vergoldete Aluminiumplatten mit gravierten, schematischen Zeichnungen an Bord. Im Prinzip genau wie jene, die ich im ersten Teil beschrieben habe, und die aktuell wieder ins All geschickt werden sollen: Darstellungen von Menschen, Planeten, Informationen zum Wasserstoffatom und so weiter.


Aber dann wurde es geschichtsträchtig und inhaltlich richtig spannend: Die beiden Sonden Voyager 1 und 2 starteten 1977 und sind – Respekt! – immer noch unterwegs.

Die Wissenschaft rechnet fest damit, innerhalb einer Entfernung von 34 Lichtjahren mit potentiell bewohnten Planeten rechnen zu können. Ein Lichtjahr entspricht 9,46 Billionen Kilometern. Die nächste galaktische Frittenbude finden wir also in knapp 322 Billionen Kilometern Entfernung. Dies nur, damit Sie nicht andauernd fragen, wann wir endlich da sind.


Mit an Bord der Voyager: Zwei analoge Schallplatten aus echtem Gold.

Gold ist ja ein Edelmetall, das ausgesprochen langsam erodiert. Man hoffte mithin, dass uns die gespeicherten Informationen bei Weitem überleben werden.

Warum man ausgerechnet dieses Material auch zur Herstellung von Eheringen nutzt, ist mir allerdings schleierhaft. Angesichts der Scheidungsstatistik wäre Stanniolpapier bei Weitem ausreichend.


Schallplatten, dies als erklärender Einschub, sind analoge Datenträger, auf denen Hörbares und Sichtbares gespeichert werden kann, so, wie wir es heute in digitalen Dateien tun.


Sie sind rund, haben, in diesem Fall, einen Durchmesser von 30 Zentimetern, und sowohl auf Vorder- und Rückseite findet sich Inhalt. Zwei Schallplatten, vier Seiten Botschaft. Warum ich Ihnen das erkläre, als wären Sie geistig nicht ganz anwesend?

Weil ich, und das ist schon fünfundzwanzig Jahre her, mit einer Plattenfirmenmitarbeiterin zu tun hatte, Sparte Musik, die das Wort Schallplatte schon damals nicht mehr kannte und Vinyl für ein Material hielt, mit dem man seine Fingernägel verlängert. Nur, damit Sie mal wissen, was ich in meinem Leben schon alles durchmachen musste.


Im Fall VOYAGER addierte sich das auf eine Gesamtspieldauer von einer Stunde, fünfzig Minuten und drei Sekunden. Da passte 1977 noch die ganze Welt rein.


Ob wir nun hoffen dürfen, dass die Außerirdischen über Boxen verfügen, die das Ganze wiedergeben werden? I don’t know!

Mein guter Freund, der DJ, sagt immer: Was, wenn die da draußen nicht hören können oder gar keine Geräusche kennen? So sind sie, die Männer, die im Portemonnaie anstelle eines Familienfotos das Bild der eigenen Stereoanlage bei sich tragen.


Solche Banalitäten sind der NASA natürlich völlig schnurzegal. Wer gehört werden will, also wir, kann auch Ohren verlangen. Basta. Da bleiben wir rigoros menschlich.

Außerdem sind die brillanten Denker der NASA offenbar davon ausgegangen, dass das erforderliche Abspielgerät, der analoge Schallplattenspieler des 20. Jahrhunderts, im Weltraum der weit entfernten Zukunft noch bekannt sein würde und dort noch ein paar Exemplare herumstehen werden. Falls doch eher nein, wende man sich vertrauensvoll an mich. Ich bin hervorragend ausgestattet und verfüge, für den Fall eines dritten Weltkriegs oder Alienbesuchs, über analoge Ersatzplayer und -nadeln, um das Ende angemessen beschallen zu können.

Mayday for Future.


Wie also lautete nun die Entscheidung der NASA im Jahr 1977 betreffs der Charakteristika unseres Planeten und seiner Bewohner? Wer sind wir – und wozu?


Die Schallplatten eröffnen mit einer Ansprache von Kurt Waldheim. Ein Österreicher, williger Diener des Nazi-Regimes unter Adolf Hitler. Als Anerkennung dafür wurde er UNO-Generalsekretär in New York – genau zur Zeit des Voyager-Programms – und viel später gereichte seine blütenbraune Vergangenheit zum Job des Präsidenten seiner Heimat.


Offenbar wollte man den Außerirdischen vermitteln, dass Moral und Ethik für Weltkarrieren auf diesem Planeten eher hinderlich sind. Strategisch Eins A, wenn Sie mich fragen, und auch heute noch gültig.

Was Waldheim an Text ins All schickte, war ebenso belanglos wie der Brief Jimmy Carters, des damaligen amerikanischen Staatsoberhaupts.

Aber warum? Weil sich Carl Sagan und sein Komitee für den folgenden Leitfaden entschieden hatten:

Auf diesen goldenen Schallplatten gibt es keine Kriege, keine Armut, Krankheit und Kriminalität, keine Ideologie oder Religion.


Zitat aus Raumschiff Enterprise:

Captain Kirk: „Es liegt mir fern, den Teufel an die Wand zu malen!“

Mister Spock: „Ich sehe keinen logischen Grund dafür, die Wände der Enterprise mit Bildnissen aus der irdischen Religionsmythologie zu zieren.“ Zitat Ende.


Atomare und andere Katastrophen, Terrorismus, Sklaverei, Naturereignisse, Fanatismus, Folter, Kinderarbeit, Hungersnöte? Kommen nicht vor.

Sie fragen nach positiven Ereignissen?

Der indische Pazifist Mahatma Ghandi, oder so? Nix.

Das Festival in Woodstock? Nein.

Boris Becker im Knast? Ach nee, andere Epoche.

Noch nicht mal der Todestag des größten Musikdiebs der Popgeschichte, Elvis Presley, im selben Jahr? Nö.


Diese goldenen Schallplatten sind zensierte, schöngerechnete Geschichte. Ein spektakulärer, zukunftsweisender Schachzug der NASA! Wozu eine echte Welt, wenn ich die Simulation haben kann?


Was aber, wenn sich ein Alien darauf einlässt, anreist und mit dem wahren Zustand unseres Planeten konfrontiert sieht?

Dann rufen wir bei seinem Eintreffen ganz einfach: „Überraaaaaschung! Ist alles anders! Aber nur ein bisschen!“

Falls da ein Deutscher dabei ist, dann gute Nacht. Der schreibt doch eine Mängelliste, die sich gewaschen hat.


Aber, wie gesagt, Carl Sagan war gewitzt: Wenn die Konsequenzen meines Tuns so dermaßen weit in der Zukunft liegen, was kümmert mich dann mein Geschwätz von vor mehreren Lichtjahren?

Übrigens, falls Sie sich darüber wundern, dass es immer wieder Zitate aus der Fernsehserie Raumschiff Enterprise gibt, die hier so perfekt passen, der folgende Hinweis: Die Fortsetzung dieser Serie waren die Star Trek Kinofilme.

Kaum waren die beiden Voyager-Sonden 1977 gestartet, lag das Drehbuch für den allerersten Star Trek Film vor, der bereits 1979 in die Kinos kam. Sie ahnen das Tempo – aber noch nicht seinen erstaunlichen Inhalt: Ein Raumschiff nimmt Kurs auf die Erde. Und jetzt kommt’s: In seinem Inneren befindet sich die Sonde Voyager. Diese sucht Kontakt zu ihren Schöpfern, den Menschen. Und als dieser hergestellt wird, scheitert der Wissensaustausch daran, dass auf der Erde längst niemand mehr den Kommunikationscode versteht.

Ich verweise noch mal dezent auf den oben erwähnten, analogen Plattenspieler.


Davon ganz unabhängig: Wie finden Sie das? Das kann man sich doch ohne Einfluss psychedelischer Drogen gar nicht ausdenken: Voyager, praktisch fünf Minuten nach dem realen Start ins All, in einem Filmdrehbuch aus der Zukunft zurückzubringen.

Der Typ, der das geschrieben hat, kann stimulanzienmäßig nichts ausgelassen haben. Gar nichts.

Bleibt die Frage, wer sich da von wem anregen ließ. Vielleicht sollte man sich mal die Bewirtungskosten der NASA genauer ansehen.


Ergänzend sei erwähnt, dass es in Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart, 1986, eine Szene gibt, in der Captain Kirk scherzhaft behauptet, der verhaltensauffällige Mister Spock, das ist der mit den spitzen Ohren, habe in den 1960er Jahren zu viel LDS konsumiert. Minimaler Buchstabendreher. Wir verstehen uns. LDS….


Es ist übrigens bemerkenswert, dass die goldenen Voyager-Schallplatten mehr Informationen enthalten als alle anderen Aussendungen davor und danach, und es menschelt erheblich: Musik, Grüße in 50 Sprachen, Bauwerke, flügelschlagende Vögel und mehr.


Herausragender Bestandteil sind 116 Fotos als Alienlockstoff.

Kriege nein, Käsetoast ja: Es war erklärte Absicht der NASA, den Außerirdischen die menschlichen Tätigkeiten essen, trinken und lecken näherzubringen. Wieder ein Grund mehr, der Wissenschaft zu vertrauen.


Das Bild des Mannes, der diesen Käsetoast isst, und dabei aussieht wie das Fahndungsfoto eines Triebtäters, zeigt noch zwei weitere Personen: Zunächst eine Frau, die an einer Kugel Erdbeereis leckt. Sie vermag ihre überdimensionierte Zunge dermaßen weit aus dem Mund zu strecken, dass sie damit in den heutigen U.S.A. der Pornografie angeklagt oder einem Präsidenten zum Nachtisch gereicht würde.

Den trinkenden Mann zu beschreiben, der rüberkommt wie ein kaputter Sangria-Eimer am Ballermann, erspare ich Ihnen. Ich habe einen Euro in ihn hineingeworfen. Soll ja Glück bringen.


Sehr ausgefallen ist eine Illustration der Welt, wie man sie sich in 10 Millionen Jahren vorstellt: Afrika bröckelt rechts ab, Indien hängt, sehr mysteriös, von unten her in Fransen und das eisige Grönland ist gar viel größer geworden! Super! Wird es wieder kälter? Deshalb sieht Australien wohl aus wie ein verfettetes Norwegen mit Henkel, und Indonesien hat auch deutliches Übergewicht. Wahrscheinlich mussten sich beide warm anziehen.


Das sportliche Vermögen unserer Welt ist verdeutlicht durch das Foto des Zieleinlaufs eines olympischen Sprints der Herren. Und, bitte, regen Sie sich nicht unnötig auf: Es gewinnt ein weißer Mann! Fiction im Namen der Science!


Sollten wir tatsächlich die Warnung eine Genies überhört haben? Stephen Hawking, Astrophysiker. Sie alle haben sein Buch Eine kurze Geschichte der Zeit im Regal und es nie gelesen. Er warnte, wir sollten nicht so viel schwatzen, sondern lieber zuhören. Da ist was dran.


Ich fürchte, die Menschheit ist dumm. Die unterirdischen Außerirdischen sind wir. Voyager wird kein intelligentes Leben finden. Das intelligente Leben muss Voyager finden. Und dann?

Löschen.



Sämtliche Zitate aus Raumschiff Enterprise und Star Trek 1 – Der Film:

www.programmwechsel.de

Sputnik 1 Original Radiosignal in der Audioversion des Beitrags, Quelle:

https://soundcloud.com/nasa/sputnik-beep

Diese Datei ist gemeinfrei:

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Sputnik_beep.ogg


© Ruth Rockenschaub

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