Halten Sie sich von negativen Leuten fern. Sie haben für jede Lösung ein Problem. Albert Einstein
Vor einigen Tagen sagte mir jemand, mein neuester Blogbeitrag sei ganz, ganz toll – im Gegensatz zu jenen bisher. Die seien immer so jammer, jammer, jammer.
Ganz unabhängig davon, dass ich mich frage, warum ich Umgang mit Individuen pflege, die den Unterschied zwischen Jammern und Entrüstung nicht kennen – konsultieren Sie dazu gern Ihren Duden, ich selbst will hier keinen Platz für so etwas verschwenden – bin ich in einer Atmosphäre großgeworden, die mir, in der Rückschau, genetisch dauerentrüstet scheint.
Ich spüre heute noch die entschlossen ziehende Hand meiner Mutter in Richtung Polizeirevier. Ich war fünf Jahre alt. Wir besuchten den Jahrmarkt einer österreichischen Großstadt, als sich zwischen Zuckerwatte und Schwedenbomben – ausländisch für Schokoküsse – unvermittelt das Grauen offenbarte: Eine erwachsene, lebende Giraffe, zur Schau gestellt in einem winzigen Käfig, ohne jegliche Möglichkeit, Hals und Kopf nach oben zu recken. Die gepeinigte Kreatur musste, mit fiebrigen Augen und in der Mitte abgeknickt, in ihrem Folterkubus verharren. Breitbeinig in den eigenen Exkrementen, laute Karussellmusik, Schießbudengeknalle und grölende Gaffer inklusive.
Meine Mutter und ich haben dann bis in die Abendstunden auf einer kargen Dienststellenholzbank ausgeharrt, um endlich Anzeige erstatten zu können. Die Verweildauer in den unheiligen Hallen der Ordnungshüter war sehr dazu angetan, meine künftigen Erwartungen an unsere Freunde und Helfer nachhaltig zu prägen. Wann hat man schon einmal Gelegenheit, so wunderliches Tun und, vor allen Dingen, Lassen aus nächster Nähe umfänglich beobachten zu können. Sonderschule des Lebens.
Man fand unser Anliegen zunächst absolut befremdlich, fügte sich aber schließlich entkräftet. Die Frauen unseres Stammes sind unbeirrbar und kompromisslos.
Gleich im Anschluss ging es zurück an den Ort der Quälerei. Der kaltschnäuzige Besitzer des unwürdigen Exponats wurde konfrontiert und auf Streichholzschachtelgröße zusammengefaltet.
Fanden Sie das jetzt gejammert? Ich frage nur der Form halber, um ehrlich zu sein.
Andererseits höre ich natürlich zu, wenn man mich kritisiert. Deshalb habe ich heute tatsächlich vor, wenigstens drei Themen zu liefern, die ich uneingeschränkt positiv und optimistisch zu würdigen vermag.
Positiv und optimistisch eins: Lebenshoffnung!
Vor wenigen Wochen wurde auf einer amerikanischen Messe für Schusswaffen ein halbautomatisches Gewehr speziell für kleine Kinder vorgestellt – also, nicht, um sie zu beseitigen, sondern das Gegenteil.
Die Waffen werden im Comicstil beworben: Für Girls ein kindlicher Totenkopf mit gekreuzten Knochen. Oben, auf dem Schädel, blonde Rattenschwänze mit rosa Schleifchen, im entseelten Mund ein gleichfarbiger Schnuller und anstelle der rechten Augenhöhle eine Zielscheibe. Super cute und very playful! Für die Boys ein Totenkopf mit blondem Irokesenschnitt und grünem Schnuller! Sehr, sehr cool!
Wie sang schon Herbert Grönemeyer? „Gebt den Kindern das Kommando. Sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände. Dem Trübsinn ein Ende. Wir werden in Grund und Boden gelacht. Kinder an die Macht.“
Positiv und optimistisch zwei: Lebensfreude!
Juhu! Papst Franziskus, Oberhaupt der katholischen Kirche, hat um Vergebung gebeten!
Grund: In Kanada werden immer wieder Massengräber gefunden. Darin: Ermordete Kinder. Genauer gesagt, Nachkommen von Inuit, Métis und Angehörigen der First Nations.
Die Inuit sind die Ureinwohner Alaskas, die Métis entspringen Verbindungen zwischen Europäern und indigenen nordamerikanischen Frauen, und zu den First Nations zählen alle indigenen Völker Kanadas.
Diese Ethnien galten in den Augen der christlichen Klugscheißer als unfähig, ihre eigenen Nachkommen zu erziehen. Die Kinder wurden gewaltsam aus ihren Familien geholt, verschleppt und zwangsinterniert.
Bigotte Betschwestern und -brüder sind schließlich immer auf Frischfleisch angewiesen. Die Hingabe an den Herrn im Himmel und die Heilige Mutter Kirche ist offenbar nicht allzu anspruchsvoll. Man braucht Zerstreuung durch Sex, Sadismus, Sodom und Gomorrha.
Die Kinder vegetierten in katholischen Heimen und Internaten, wurden in jeglicher Hinsicht missbraucht, ermordet und verscharrt.
Aber jetzt das! Der Papst äußert sich öffentlich! Er sei sehr betrübt, lässt er übermitteln, und deshalb habe er Gott um Entschuldigung gebeten!
Und was hat Gott gesagt? Ich höre. Nix! Der perverse, peinliche Pontifex maximus ist mitsamt seinen pädophilen Pfaffen mal wieder ohne jegliche Gegenrede seines Gebieters durchgekommen! T‘schuldigung, darf ich mal schnell vorbei? Ich habe einen Termin für meine Absolution! Och, bitte, bitte, bitte!
Gott hat die Bitte noch nicht einmal abgelehnt, wozu er durchaus in der Lage ist! Andernorts macht er das ganz selbstverständlich! Diese Kinder haben sich garantiert jahrelang die Knie wundgebetet und um eine barmherzige Befreiung gefleht. Ohne jeglichen Erfolg. Aber hier? Einmal gebeichtet, komplett gesühnt. Hach, der Katholikenhäuptling! Himmlisch!
Positiv und optimistisch drei: Lebensleichtigkeit!
Neulich fiel meine Haustür hinter mir zu, der Schlüssel steckte von innen. Nun wissen wir alle, dass diese Kreditkartentüröffnungsnummer aus den Tatorten der achtziger Jahre nicht funktioniert – die Dinger sind einfach zu dick – und auch, dass wir keinem der gängigen windigen Schlüsseldienstler seinen nächsten Urlaub in der DomRep finanzieren wollen, nur, weil er eine einzige Tür geknackt hat.
Wie gehen wir also vor? Wir benutzen eine möglichst dünn laminierte DIN A4- Seite, schieben sie zwischen Tür und Rahmen von unten nach oben durch das Schloss. Ein bisschen mit dem Blatt ruckeln, und der Rest des Tages ist ein Zückerchen.
Für alle nicht Erleuchteten: Das Laminieren, also das Einschweißen von Papier in Plastikfolie, ist sehr modern.
Das Material hat eine Halbwertzeit von, vermutlich, mehreren Millionen Jahren, weshalb nur ausgesprochen Wichtiges laminiert wird: Einkaufszettel, gefälschte Führerscheine und bahnbrechende Gedanken wie BE HAPPY.
Kürzlich wurde ich Zeugin des Wortbeitrags einer Pädagogin. Sie hatte vor, ihre Klasse angesichts der riesigen Lernerfolge mit Konfetti zu überraschen.
Groß-ar-tig! Die bunten Papierschnipsel sind im erzieherischen Zusammenhang ein auffallend probates Ausdrucksmittel. Denken Sie nur an den wunderbaren Brauch, abgelegten Liebhabern, die schlecht performt haben, ein Geschenkpäckchen zukommen zu lassen, das die folgenden Bestandteile enthält: Konfetti und einen Eierschneider. Wirkt Wunder.
Die betreffende Lehrerin hat die Konfetti dann in ordentliche Häufchen geteilt und in Folie eingeschweißt. Zum auf die Tische legen. Fliegende Konfetti waren gestern. Lob in Laminat! Verzückung in Vakuum! Deutsche Didaktik, wie sie singt und lacht!
Positiv und optimistisch vier: Eine kleine Zugabe!
Wo sind eigentlich die Kinder mit den Knarren, wenn man sie mal braucht?
Textzitat: Kinder an die Macht, Text und Musik: Herbert Grönemeyer,
Quelle: ALLES, Compilation, Grönland Records/Universal Music, Deutschland 2016
© Ruth Rockenschaub
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