Jetzt hören Sie doch endlich mit dem Geheule auf, liebe Leserinnen und Hörer! Also, wirklich!
Seit sich unter meinen Beiträgen ein Link zu PayPal findet, über den man mich betreffs der Produktionskosten für diesen PodBlog unterstützen kann, aber nicht muss, erreichen mich panische Nachfragen zum Stand meiner Unterernährung und geistigen Gesundheit.
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich mich intellektuell, sprachlich und körperlich niemals auch nur am Rande der Belastungsgrenze befinde.
Sie werden umgehend erfahren, dass Frau Rockenschaub den lieben langen Tag nichts anderes vorhat, als sich permanent zu erholen und selbst zu beglücken.
Wie Sie hören, befinde ich mich gerade im Tonstudio meines Vertrauens, um den neuen PodBlogBeitrag zu produzieren.
Zur Veranschaulichung der paradiesischen Bedingungen eine klitzekleine Schilderung meines erhabenen Arbeitsalltags:
Ich sitze auf einem gebrechlichen Stuhl mit unterschiedlich langen Beinen im Aufnahmeraum, hinter der Glasscheibe in der Regie loungen zwei Männer zweifelhafter Herkunft in ergonomischen Sesseln.
Das Ganze sieht aus wie ein Versuchsaufbau bei Jugend Forscht oder Hanni und Nanni, aber ohne Internat, dafür mit Resozialisierungsmaßnahme.
Der eine hat mich unlängst mit dem Tod bedroht, sollte ich je etwas über ihn schreiben. Also tue ich es nicht und schweige wie eine ganze Grabkammer. Er ist der Tonmeister, den mir das Schicksal zugeworfen hat, und als er kürzlich mit seiner Frau einen Wiener Walzer tanzen musste, hatte er, und ich scherze keineswegs, am nächsten Tag eine Gehirnerschütterung. Ärztlich diagnostiziert. Und mit Bettruhe.
Da ich seinen Namen nicht nennen darf, nur so viel: Er heißt wie ein Monat im Hochsommer plus zwei Buchstaben hintendran, aber nicht Sabine.
Der andere ist Auszubildender und noch im Wachstum begriffen. Gerade tut er so, als würde er mein Manuskript mitlesen, ja, da nickt er, ist aber eher mit dem Hunderterpack Hanuta befasst, den ich ihm zu jedem Termin mitbringe, da ich weiß, dass er mit vollem Mund nicht spricht. Außerdem hat er Angst vor lateinamerikanischer Musik.
Sie sehen: Ein dynamisches Duo von Weltgeltung. Und sprachlich beschlagen jenseits aller Vorstellungen:
Höre ich nach einem Take aus der Regie, da sei schon sehr viel Schönes dran, meint man eigentlich: Du meine Güte, kann mich beim nächsten Mal jemand vorwarnen, wenn die merkwürdige Alte das Studio bucht? Die ist ja unterirdisch. Das wird garantiert wieder total anstrengend heute.
Ja, da staunen Sie, nicht wahr?
Und sagt man mir: Da bist du eben aber ziemlich hot reingekommen, sind nicht meine neuen oberheißen Stiefel gemeint. Ganz im Gegenteil: Nein, ich habe zu laut gesprochen, vulgo geschrien, und die sensiblen Öhrchen der Herren traumatisiert.
Das ist natürlich alles kompletter Unfug. Niemand auf der ganzen Welt spricht im Studio so gelassen, fehlerfrei und perfekt wie ich, und logischerweise ist es eine Leichtigkeit, dies auch nachzuweisen.
Hören Sie bitte selbst:
Sind Sie morgens eigentlich immer- ha-ha-ha-ha- wenn man schon im ersten Satz den Fehler macht, weiß man, wie der komplette Tag läuft: Scheiße. Das Hemd ist weiß, die Krawatte mir diagonalem Muster-ähe-ähe- im zweiten Satz. Apropos- warte, ich hab‘, glaube ich, geraschelt, ich dumme Kuh. Für lange Jahre begleitete ihn ein großer weißer Schäferhund, den ihm ein Kneipenpass- ein Kneipenpass! Ham‘ Sie ihren Kneipenpass dabei heute, junge Frau? Zeigen Sie mal Ihren Kneipenpass. Sekt und Sänger, ha! XXXX Ich hatte- oh, kannst Du ma‘ bitte das weglöschen? Ich hab‘, glaub‘ ich n‘ zugenähten Mund heute irgendwie, weiß ich auch nich‘???? Ich kann nicht mal das Wort stehen aussprechen. Falscher Fall! Akkusativ, Frau Rockenschaub! XXXX Stelle ich überrascht fest, in Wirklichkeit, in ????, haaa, haaa, noch mal. Gospelgruppe der späten fünfziger Jahre inspiriert war- wie kann man so scheiße lesen wie ich? Ihnen ist sicher nicht verborgen gebliem- gebliem? Mit einem „m“ hinten, ja? Ist das mein Ernst? Jaaaa. Oh mein Gott! Welch glücklicher Umstand, dass Sie in der- faaaa-a-a-a-a. Da kucken die Werkstudenten da hinten komisch, nä, weil sie gar nicht wissen, wovon wir hier reden, wissen sie gar nicht. Aber ich schweife ab, und flatterte mit dem Papier. Irgendwo muss sich eine Müllhalde für entsorgte Kinderseelen be…- fuck! Ich kuckte zu Tür, weil ich sah, dass jemand reinkommt, schon war ich abgelenkt, junger Mann. Neuer Take. So, jetzt muss ich den ganzen Scheiß noch mal lesen, weil der Satz, wie Thomas Mann, ne halbe Seite lang ist. XXXX Ei, war der schwer zu lesen. Echt? Ich befand mich inmitten einer Runde universitätsgeschmiedeter deutscher Sprachwissenschaftlerinnen und war selbst, äh, die einzige to- , ahä, jessas, jessas, bitt‘ Di gar schön! Das wusste ich schon zu Hause, dass ich diesen Satzfalsch machen würde. Was heißt hier ganz gut? Sag‘ mal, bist Du wahnsinnig? Verschwendete Lebenszeit, fuck- t! Haaa. XXXX Während die andere permanent frieren muss- nja, das war auch scheiße, mach ich nochmal. Äh, fuck, neuer Take. Gefällt dir die Energie jetzt besser? Dann bin ich aber froh…. SFXann ich statt sprechen das Studio saubermachen? Das war’n Scherz. Äh, jahaaa. Neuer Take. Ja, tja, Dummheit hat einen Namen: Rockenschopp. Hä, sagen Sie mal, haben die Bullen morgens um- hab‘ ich gepüüst, nä? Und was ich jetzt beschreibe, is‘, ohne Scheiße, wahr. Wie alles, was ich sage. Oder einer Vergiftung. Oder durch das Messer eines aufgeb-, hä, da hat sich die Frau auf die Zunge gebissen. Neuer Take. Die er freundlicht signiert- freundlichst. My God! Warum musste ich mir das Leben so schwer machen, ich dumme Kuh. Die er freundlich signiert. Dann hab‘ ich das Problem nich‘. Jetzt will sie’s aber wissen hier mit ihren „S-en“. Nö. Sie klettert an dem rotierenden Metall nach oben-- ich find‘ das so süß, dass Du so höflich bist. Dann sach‘ einfach Tour de Force nochmal…. O. k., bist du, bist du da? Das war scheiße betont, Frau Rockenschaub. XXXX Im rückwärtigen Garten des Heritage House Cultural Center. Das war nicht schön ausgesprochen, Frau Rockenschaub. Ja. Zwei Spuren, Baustelle, rechts regungslos verharrende LKW, Stoßstange an Stoßstange ???? In erstaunlichen, hahahahaha, nochmal. Das rauscht ja hier dahin als wär‘ man ein Profi. Hören Sie in der kommenden Woche alles über die musikalische Welt des Robert Johnson, seine Songs, über weltberühmte Wegelagerer und Plünderer…. Hsa, hsa, hsa, Plünderer, das muss man doch sagen können auf Hochdeutsch. Äh, ja, neuer Take. Die Leiche wyrd, die Leiche wyrd an der Zion Church. Roberts leiblicher Vater war zehn Jahre jünger gewesen als sie. Als sie, nochmal, bitte. Robert habe eine deutliche Abneigung gegen körperliche Arbeit auf dem Feld gehegt. Er will es unbedingt vermeiden, sein Leben in der Landwirt….- ich hab‘ grade ne geistige Senke. XXXX Nochmal.Also noch schlimmer als heute. Ich hab‘ gepfiffen beim „S“. Ich glaub‘ ich hab‘ seit gestern einen S- Fehler. Ich werd‘ wahnsinnig. SFX Und während der Herr also s….- fuck! Da hab‘ ich eben geschmatzt, nä? Wie so’n Schwein. Für die Teilnahme an der NachdemAuftrittderBandhabenwirallemiteinanderhemmungslosenSexinderVierquadratmetergarderobe, ich wusste, dass das schiefgeht. XXXX Okay! Kuck mal, so unterschiedlich. Ich finde mich ganz schlimm heute, aber egal. Kuck mal, ich kann heute nicht mal umblättern. Oh my God. M-kay. Seine Kundschaft sind vorzugsweise schwarze Frauen, die bei weißen Arbeitgebern als Personal und, ja, das, jetzt kann ich „S“ schon nicht mehr, und jetzt kann ich kein „L“ mehr. XXXX Halt mal das Band an, das ist ja furchtbar, du. Ich mach‘ mir das jetzt mal in‘ Becher. Mein Beschersche. SFX Könnte es sein, dass der Leibhaftige, gdigt, häthädä hä. Ich bin verbildet, geistig. Der Ständer, hä, fuck me, nein, das kommt, weil ihr gelacht habt bei Ständer. Ichhätte bei Ständer im Leben nicht gelacht. Als Frau denkt man bei Ständer an Wäsche. Das wusste ich, dass du das unterbrichst. Weil ich die Wahrheit sage. Okay, wenn du so spitzfindig werden willst. Also, das ist sehr artig, wie ich das hier so mach‘. Ich bin so zu Befehl heute, oh my God. Was mich betreffs des Schachspiels schon immer beschäftigt- das sind sehr viele „sch“, nä? Sehr viele „sch“ in einem Satz. Das muss ich noch mal machen. Es war, das is‘ schon scheiße gesprochen, der Satz jetzt, nä? Kannst du, findest du, den kann man so lassen? Die schließlich sein wehrhaftes kriege-kri-r-r-r-r-, sein kriecherisch-XXXX Oder meinen die echt, ich hätte nur lumpige zweihundertdausnd Dollar, dausnd Dollar, zweihundertdausnd Dollaaaar. Ich komme aus der D.D.R., ich kann keen Englisch. Jemand, den das nicht interessiert, interessiert das nich‘. Aber mich interessiert das brennend, dieses Leben. Eine wahre Geschichte, Leute, ich schwöre. Kaum erstaunl- hhh! Oh, es sind die letzten anderthalb Seiten. Jetzt reiß‘ dich mal zusammen. XXXX Wir sind fertig!
© Ruth Rockenschaub
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